Wohnfläche: Definition und Bedeutung bei Vermietung und Verkauf

Wohnfläche: Definition und Bedeutung bei Vermietung und Verkauf

Erfahren Sie, welche Rolle die Wohnfläche bei Vermietung und Verkauf von Immobilien spielt. Einblick in Definitionen, Rechtsprechung und praktische Beispiele.

Definition der Wohnfläche

Die Wohnfläche definiert den Raum, der für das tägliche Leben zur Verfügung steht. Sie bezieht sich üblicherweise auf die Gesamtfläche einer Wohnung oder eines Hauses, die für Wohnzwecke genutzt werden kann. Hierunter fallen in der Regel nur die beheizten und ausgebauten Räume. Nicht zur Wohnfläche zählen dagegen Keller, Dachböden oder Treppenräume.

In Deutschland gibt es verschiedene Vorschriften und Normen zur Berechnung der Wohnfläche. Die gängigste Definition liefert die Wohnflächenverordnung (WoFlV), deren Anwendung allerdings nur beim staatlich geförderten Wohnungsbau vorgeschrieben ist. Daher haben Vermieter und Verkäufer beim Ansatz der Wohnfläche oftmals die freie Wahl. Mit Blick auf die Rechtsfolgen ist es jedoch wichtig, den Flächenansatz oder Berechnungsmodus eindeutig festzulegen.

Beispiel 1: Vermietet wird eine Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 120 m2,  die nach der DIN 277 berechnet wurde (vereinbarte Wohnfläche).

Beispiel 2: Vermietet wird eine Wohnung mit einer Wohnfläche von ca. 100 m2 nach der Wohnflächenverordnung (vereinbarte Wohnfläche).

Vereinbarte und tatsächliche Wohnfläche

Streitigkeiten können entstehen, wenn der Vermieter die Wohnfläche nicht genau definiert und ca. 120 m2 angibt, aber die maßgebliche Wohnfläche hiervon abweicht. In diesem und bestimmten anderen Fällen hat die Rechtsprechung entschieden, dass nicht die vereinbarte, sondern die tatsächliche Wohnfläche entscheidend ist. Diese wird nach der örtlichen Verkehrssitte, also der marktüblichen Berechnungsmethode, bestimmt.

Örtliche Verkehrssitte zur Berechnung der Wohnfläche

Der Begriff bezieht sich auf eine etablierte Praxis zur Berechnung der Wohnfläche, die von Mietern, Vermietern und anderen Interessengruppen angewendet wird. Die Anerkennung einer solchen Berechnungsmethode als örtliche Verkehrssitte ist jedoch anspruchsvoll und ohne gerichtliche Klärung schwer zu entscheiden. Ein Beispiel aus Berlin zeigt, dass die weit verbreitete Praxis, Balkone grundsätzlich mit 50 % als Wohnfläche anzusetzen, noch keine anerkannte örtliche Verkehrssitte darstellt. Fehlt eine solche Sitte, ist grundsätzlich die Wohnflächenverordnung zur Berechnung der tatsächlichen Wohnfläche maßgebend.

Rechtsprechung bei Vermietung von Wohnraum

Gemäß der Rechtsprechung im Mietrecht besteht ein Mietmangel, wenn die geschuldete Wohnfläche um mehr als 10 % abweicht.

Beispiel 1: Die vertragliche Wohnfläche beträgt 120 m² nach DIN 277. Falls die wirkliche Fläche nach DIN 277 nur 100 m² beträgt, muss der Vermieter den Mieter entschädigen.

Beispiel 2: Die vertragliche Wohnfläche beträgt 120 m2 (ohne Definition). Ist die tatsächliche Wohnfläche (in der Regel nach der Wohnflächenverordnung) jedoch nur 100 m2 groß, hat der Mieter Anspruch auf Schadensersatz.

In der Rechtsprechung wurde entschieden, dass die Betriebskosten grundsätzlich nach der tatsächlichen Wohnfläche (in der Regel WoFlV) zu berechnen sind, wenn die Wohnfläche als Verteilerschlüssel dient. Jede Abweichung in der Wohnfläche stellt daher einen Mangel dar, der einen Anspruch auf Schadensersatz begründet.

Gemäß der Rechtsprechung im Mietrecht ist bei einem gesetzlichen Mieterhöhungsverlangen gemäß den §§ 558 und 559 BGB die tatsächliche Wohnfläche (in der Regel nach der WoFlV) maßgebend.

Nach der Rechtsprechung zählen auch solche Räume zur Wohnfläche einer Wohnung, die nach baurechtlichen Vorschriften keine zulässigen Wohnräume sind, solange das Bauordnungsamt nicht einschreitet. Entscheidend ist der Mietvertrag, in dem der Umfang der zu Wohnzwecken dienenden Räume ausdrücklich benannt ist. Maßgebend für die Berechnung der Wohnfläche ist die tatsächliche Wohnfläche (in der Regel nach der WoFlV), auch wenn die Wohnflächenverordnung für bauwidrige Wohnräume ausdrücklich keinen Ansatz vorsieht.

Vorsicht: Was für die Rechtsprechung im Mietverhältnis als Wohnfläche gilt, muss nicht zwangsläufig für andere Anlässe einer Wohnflächenermittlung gelten, zum Beispiel im Verkaufsfall.

Wohnfläche bei Ein- und Zweifamilienhäusern

Auch bei Ein- und Zweifamilienhäusern ist die Definition der Wohnfläche nicht an eine spezifische Vorschrift gebunden. Im Zweifelsfall ist die tatsächliche Wohnfläche nach der örtlichen Verkehrssitte entscheidend. Sofern keine solche Sitte feststellbar ist, greift die Wohnflächenverordnung.

Ein- und Zweifamilienhäuser werden in der Regel eigengenutzt. Eine fehlerhafte Wohnflächenangabe beeinflusst daher primär den vereinbarten Preis, wenn die Wohnfläche als Kenngröße zur Berechnung des Kaufpreises herangezogen wurde.

Ein- und Zweifamilienhäuser sind individuell gestaltete Immobilien. Nicht selten kommt es in der Praxis vor, dass Keller und Dachräume ohne Baugenehmigung ausgebaut oder Wintergärten angebaut wurden. Doch wie werden solche Räume bei der Berechnung der Wohnfläche berücksichtigt?

Der entscheidende Faktor für die Berücksichtigung von nicht genehmigten Wohnräumen als Wohnfläche bei Ein- und Zweifamilienhäusern ist ihre werthaltige bzw. preisbildende Bedeutung. Hier einige praxisnahe Beispiele:

– Ein illegal ausgebautes Dachgeschoss kann werthaltig sein, wenn der Ausbau nachträglich legalisiert werden kann und das Genehmigungsrisiko gering ist. Die Anrechnung als Wohnfläche erscheint dann angemessen, während möglicherweise gesondert ein Abschlag für die Genehmigungskosten in Betracht kommt.

– Falls ein Wohnraum nachträglich nicht genehmigt werden kann, beispielsweise aufgrund planungsrechtlicher Belange, liegt keine werthaltige Wohnfläche vor, da die Gemeinde bei Kenntnisnahme jederzeit einschreiten würde.

– Ein Kellerbad ist der Wohnfläche des Hauses zuzurechnen, wenn es dem Hauptzweck der Wohnung dient, insbesondere wenn das Erdgeschoss kein Bad enthält, wie es oft bei Altbauten der Fall ist.

– Ein ausgebauter Dach- oder Kellerraum zählt zur Wohnfläche, wenn er als ständiges Büro (Homeoffice) genutzt werden kann.

– Ein Keller, der hin und wieder als Gästezimmer dient, zählt nicht zur Wohnfläche.

– Ausgebaute Wirtschafts-, Fitness- oder Hobbykeller gelten nicht als Wohnflächen, wenn damit keine dauerhafte Aufenthaltsabsicht verbunden ist. Der Werteinfluss des Ausbaus kann jedoch gesondert berücksichtigt werden.

Bei Unsicherheiten über die Einordnung von Räumen als Wohnfläche kann in bestimmten Fällen ein anteiliger Ansatz sinnvoll sein, wie es die Wohnflächenverordnung insbesondere für Balkone, Wintergärten und Schwimmbäder vorsieht.

Erfahren Sie mehr über Immobilienbewertung in unserem Beitrag zum Verkehrswert vs. Kaufpreis

Anmerkung: Die hier bereitgestellten Informationen ersetzen keine individuelle rechtliche Beratung.

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